07.3. Chaos Tag

Heute erleben wir unseren ersten Chaos-Tag. Leider gehören diese Tage genauso zu einer solchen Reise wie die vielen tollen Tage.

Alles beginnt mit Regen. Es schüttet den ganzen Tag wie aus Kübeln. Gut für die Neuseeländer, die haben nämlich den dritten Sommer in Folge mit Trockenheit zu kämpfen, schlecht für uns und unsere höchst aktiven Kinder.

Eigentlich waren für heute die heißen Quellen in Hanmer-Springs geplant, aber ein Blick nach draußen und auf den Stapel verbrauchter Taschentücher direkt vor uns sagt uns daß das heute keine gute Idee wäre. Wir alle schniefen ein wenig vor uns hin, was eigentlich ganz normal ist, denn wir stellen uns auf das neue Klima ein. Nach der Rotz-Phase folgt dann in der Regel die Abhärtungs-Phase.

Wir disponieren also prompt um und steuern auf der SH1 Kaikoura an, in der Hoffnung dort ein wenig bummeln zu können und den Abend mit Blick aufs Meer und auf die „vielen“ Wale, Robben und Delphine ausklingen zu lassen.

Falsch gedacht. Nach ca. 30 Minuten Fahrt informiert uns eine Leuchtreklame darüber daß die SH1 derzeit doch noch wegen der Erdbeben Schäden gesperrt ist und wir wohl oder übel den Umweg übers Inland nehmen müssen. 

Wir legen erst einmal eine Mittagspause ein und das Unglück nimmt seinen Lauf. Belinda entscheidet trotz Regen mit den Kindern raus zu gehen und ein wenig die Beine zu vertreten. Trotz mehrfacher Mahnungen oder sollte ich sagen gerade wegen mehrfacher Mahnung tritt Tom mit seien einzigen festen Schuhen in eine Pfütze und ist Nass bis auf die Socken. Damit nicht genug müssen wir feststellen daß unsere neuen Outdoor Klamotten von Troll-Kids nicht halten was sie versprechen, beide Kinder sind nach nicht einmal 30 Minuten nass bis auf das Unterhemd.

Also wieder in den Wagen und frische Klamotten angezogen. 

Das gefällt Tom garnicht und er dreht ab. Innerhalb weniger Minuten pickelt er gemeinsam mit seiner Schwester den Notfall-Info-Aufkleber von unserer Camper-Heckscheibe, öffnet das Notfall-Ausstiegs-Fenster, brüllt wie am Spieß rum wenn man ihn zur Ruhe ermahnt und dann raste ich aus und brülle zurück. Das macht es natürlich nicht besser, aber anschließend wird es ruhiger, weil die Kinder auf der Weiterfahrt erst einmal völlig erschöpft einschlafen.

Die Ruhephase hält leider nur kurz an, in den 1,5 Stunden Berg und Tal Fahrt kotzt Tom zwei mal alles raus was er zu bieten hat und das ist nicht wenig. Immerhin ist er mit seinen knapp drei Jahren so weit daß er ein bisschen was davon in die Kotztüte bringt. Das spendet ein wenig Trost für die bevorstehenden Ost-West Überquerung in zwei Tagen. Wir freuen uns bereits riesig!

Gegen 17:30 Uhr kommen wir in Kaikoura an. Irgendwie sind wir erst einmal enttäuscht, ich weiß nicht genau was ich erwartet hatte, vielleicht daß mich Wale und Delphine mit Handschlag am Ortseingang begüßen. Jedenfalls ist Kaikoura ein kleiner, stiller Ort direkt am Meer und da es immer noch regnet fahren wir zielstrebig unseren kostenlosen DOC Campingplatz an und spannen erst einmal aus. Mittlerweile haben sich alle wieder ein wenig entspannt und der Abend verläuft ruhig.

CAMPING: Meatworks Beachfront Kaikoura, LON: -42.3166, LAT: 173.7502

06.3. Wir bekommen ein Motor-Home

Wir verabschieden uns von Chris, der nochmal betont was wir für tolle Kinder haben. Na wenn der wüsste 😉 Wir beladen noch schnell unseren Mini Mietwagen und müssen feststellen daß sich unser Gepäck auf mysteriöse Weise vermehrt hat. Ich bekomme unseren ganzen Kram nicht mehr in die beiden Taschen und greife in meiner Verzweiflung auf den leichten Ersatz Seesack zurück, den ich noch eingepackt habe, falls wir doch etwas mit nach Hause bringen wollen. 

…BILD FOLGT…

Dann starten wir pünktlich zu Apollo Campers um unseren ausrangierten Apollo Camper der Marke Cheapa Campa (ja die schrieben sich so) abzuholen.

…BILD…

Bei Apollo kommen wir schnell an die Reihe. Meine Gute Laune schwindet aber recht schnell, als Apollo mit vermittelt daß sie mir wärmstens ans Herz legen, eine Zusatzversicherung für Reifen, Windschutzscheibe, Verlust der Autoschlüssel und und und abzuschließen. Schweren Herzens willige ich ein, zusätzliche 170 NZD zu zahlen.

Wir haben uns bereits in DE bewusst dagegen entschieden eine All Inclusive Versicherung mit Selbstbehaltsauschluss abzuschließen, da die uns insgesamt fast 2000 EUR kosten sollte (siehe dazu mehr unter …). Vorsichtig frage ich hier vor Ort nochmal nach dieser Versicherung und die Dame möchte mir bester Laune nochmal 2800 NZD abknöpfen. Ich zeige ihr einen virtuellen Vogel indem ich so etwas wie Würgelaute von mir gebe und ich habe den Eindruck sie weiß was ich sagen möchte.

Dann geht es weiter mit 60 NZD für die Camping Stühle, 30 für den Tisch, 4x Bettwäsche – halt aber im Auto liegen doch nur 3x Bettwäsche. Ja das wüsste sie, das wäre weil wir ja nur drei Betten hätten. Abgerechnet würde trotzdem immer jede Person. Als sie merkt, daß wir immer blasser werden nimmt sie zähneknirschend eine Bettwäsche von der Gesamtrechnung.

Inc. des kleinen Versicherungspaketes und exklusive Camping Stühle (die kaufe ich mir für den Preis lieber neu) zahlen wir jetzt trotzdem nochmal 1250 NZD.

Mit dem Gefühl über den Tisch gezogen worden zu sein, und trotzdem nicht den vollen Versicherungsschutz zu geniessen ziehen wir endlich in unseren Camper ein.

Das Gepäck ist schnell verstaut und die Reise beginnt.

Wir fahren zu unserem ersten großen Einkauf und sind mit unserem roten, faltbaren Bollerwagen im Countdown Supermarkt mal wieder ein Blickfang. Der Einkauf verläuft routiniert und wir laden die Beute schnell ein und machen uns auf die Suche nach einem Second Hand Shop.

Dieser stellt sich leider als ein Shop für Computerhardware und Gartengeräte mit einem recht übersichtlichen Sortiment heraus. Hier wollte ich eigentlich die Campingstühle kaufen. Langsam dämmert mir daß die Stühle die ich auf unserer letzten großen Tour für 12 $ gesehen hatte, nicht in NZ war, sondern in den USA. Mist, mir dämmert daß es vielleicht ein Fehler war die Stühle nicht zu nehmen.

Wir kehren gegen 17 Uhr auf unserem ersten Campingplatz für 30 NZD ein und ärgern uns daß der eigentlich für 10 bis 20 NZD in unserer Camper App aufgeführt war. Vermutlich sind die Angaben in der App aber pro Person zu sehen.

CAMPING: Amberly Beach Campground, LON: -42.1739, LAT: 172.7783

05.3. Bo das Schaf

Besser hätte der Tag kaum beginnen können. Chris, unser Haus- und Hof-Herr von der Warwickz Farm empfängt uns gegen 8 Uhr in unserer knallroten Barn (Scheune) mit einem einfachen aber ausreichenden Frühstück. Wir hatten ganz vergessen daß wir die Unterbringung samt Frühstück gebucht hatten und so war die Überraschung vollkommen. Nach dem Frühstück dürfen wir auf eigene Faust die Alpakas füttern, Chris bringt uns dafür einen großen Sack Heu vorbei.

Wir entscheiden den Rest des Tages auf dem Hof zu verbringen und werden nicht enttäuscht. Das Wetter ist phänomenal. In Bikini und Badehose lungern wir vor der Hütte herum. Hin uns wieder wird ein kurzer Abstecher zu den Alpakas unternommen, dann heißt es wieder faul in der Ecke liegen oder die bevorstehende Router weiter planen.
Die Kinder schaffen es sogar zeitweise miteinander zu spielen, was eher selten vorkommt. Tom  scheint aklimatisiert, er macht heute sogar einen kurzen Mittagsschlaf zu seiner gewohnten Zeit.

Das Higlight des Tages ist „Bo“ das drei monate alte Schaf, das uns Chris (der Hausherr) spontan an der Hundeleine vorbei bringt und einfach mal für ein paar Stunden bei uns wohnen lässt. Die Kinder sind natürlich hellauf begeistert und führen Bo gassi bzw eigentlich führt Bo die Kinder gassi. Anfangs ist Bo noch sehr scheu und zurückhaltend, taut aber zusehend auf und ich habe den Eindruck daß er mich (Thomas) ganz besonders gerne hat, er lässt sich zum Schluss sogar von mir knuddeln. Gut, Chris ist da schon einen ganzen Schritt weiter, bei ihm lässt sich das Schaf sogar auf den Schoß setzten. Ein Bild für die Götter – leider habe ich kein Foto gemacht 🙁

4.3. Good bye Eru, hello Chris

Heute morgen haben wir uns schweren Herzens von unserer Gastfamilie verabschiedet. Eru, Averil und ihr bezaubernder, 10 Monate alter Atarangi haben uns 2 Nächte Obdach in Ihrer Gartenhütte gewährt. 

In den nächsten 5 Jahren plant Eru sein Haus zu verkaufen um einen 5 h großen Aussteiger-Hof zu gründen. Wir werden die junge Familie im Auge behalten.

Am frühen Mittag machen wir uns auf den Weg zu Warwickz Alpaka Farm. Was uns dort erwartet übersteigt unsere Erwartungen bei Weitem. Nach einem schnellen Lunch in der Sonne, vor unserem knallroten neuen Zuhause empfängt uns Chris, der Inhaber des Hofes mit der gewohnten neuseeländischen Offenheit und Freundlichkeit. 

Es folgt eine gut 2 stündige Führung über den Hof und wir treffen auf Alpakas, Schafe, Esel, Ponny, Hausschwein Robbie, Truthähne, Hühner aller Art und Couleur, Ziegenböcke an Autoreifen (der Bock ist an einen Gummi-Autoreifen gebunden, damit er Chris nicht überall hin folgen kann, er denkt nämlich Chris wäre seine Mama), Angora Hasen, Meerschweinchen, Kaninchen und vieles Mehr). Anschließend sind wir erst einmal alle Platt von den vielen Eindrücken.

Unsere Suche nach einem erschwinglichen Restaurant verläuft im Sande. Wir müssen wieder einmal feststellen daß das Essen in Deutschland sehr günstig ist, hier sollen wir für eine Pizza 18 NZ$ oder für ein asiatisches Reisgericht 19,5 NZ$ zahlen. Wir entscheiden uns zum Take-Away Asiaten zu gehen und zumindest Thomas bereut es eben gerade während er diese Zeilen tippt (mir ist immernoch ganz flau im Magen).

3.3. bei Eru zu Hause

Gegen 7 Uhr ist die Nacht zu Ende und Eru erwartet uns mit einem phänomenalen Kaffee. Er braut seinen Kaffee aus Organic Espresso Pulver mit einer Bialotti Espresso Kanne für die Herdplatte. Sowas brauche ich auch. Sch… auf alle teuren Espresso Vollautomaten (nur dumm daß wir uns gerade einen zugelegt haben), aber dieser Kaffee haut mich um. 

Jolina und Tom bauen in Eru’s Garten Tipi’s aus den Gartenutensilien und beklettern die Obstbäume oder spielen mit den Hunden. Keine Spur von Scheu. Die offene Familie und vor allem Eru mit seiner positiven Art macht es einem auch wirklich einfach.

Den Nachmittag verbringen wir an einem der zahlreichen kleinen Strand Buchten von Christchurch. Wobei es für uns Mitteleuropäer eindeutig zu kühl ist um mehr als ein paar Füße ins Wasser zu stecken. Das interessiert die einheimischen wenig, die planschen ausgelassen im (sehr) kühlen Nass.
Wir begnügen uns mit Möwen jagen (Tom) und Jetlag bekämpfen.

Die zweite Nacht läuft noch besser, wir schlafen alle durch bis 7 Uhr morgens und meinen den Jetlag überwunden zu haben.

28.2. bis 2.3. Und los …

Es geht los. Meine Mutter bringt uns zum Frankfurter Flughafen und wir haben sage und schreibe zwei Koffer gepackt für eine 10 Wochen Elternzeit Reise. Gut oder? Zugegeben diese beiden Koffer bzw. Taschen sind mit ca 120 l Volumen ziemlich gross aber es sind zwei und nicht drei oder vier oder …
Neben den beiden Koffern haben wir uns entschieden einen faltbaren Bollerwagen mit zu nehmen, was sich gleich als gute Idee herausstellen wird.

Die erste Etappe nach Dubai verläuft gut. Die Kinder machen zwar die Nacht durch, aber das ist in Anbetracht der bevorstehenden Zeitverschiebung von 12 Stunden eh egal. Trtzdem sind wir Eltern nach ca. 9 Stunden Flug ohne Schlaf vollkommen Platt, während unsere Kinder tobender weise die Wartezeit auf den Weiterflug auf dem Airport Spielplatz verbringen. Da merkt man es mal wieder, wir sind einfach nichts mehr gewöhnt.

Auf dem Weiterflug nach Sydney wird es mir kurz komisch als zwei Stewarts mit Feuerlöschern an mir vorbei rennen und sich im hinteren Teil des A380 eine kleine Menschentraube bildet. Nach wenigen Minuten beruhigt sich alles wieder und ich entscheide Belinda erstmal nichts davon zu erzählen. Dieses mal schlafen wir alle ein paar Stunden. Leider haben wir vier Plätze in der Mittleren Reihe bekommen, was das Schlafen, mangels einer Möglichkeit den Kopf anzulehnen, dramatisch erschwert. Und so stellt sich meine neue Erfindung, der „Kopf-Halte-Mützen-Straps“ (ein breites Gummi an einer alten Ski Mütze, welches am Sitz befestigt wird) als sehr nützlich heraus :o)

In Sydney gehen wir kurz runter um auszusteigen, erneut den Sicherheitscheck zu durchlaufen und in das gleiche Flugzeug wieder einzusteigen. Das hätte man sich auch sparen können, aber solange es der Sicherheit dient lasse ich dieser Tage so einige Strapazen über mich ergehen.

Nach ca 27 Std Reisezeit sind wir Endlich in Christchurch und ziemlich Ende mit unseren Kräften.

Wir entfalten unseren faltbaren Bollerwagen und verfrachten die Kinder dort wieder dort hinein. Obwohl recht eng beschweren die sich nicht. Sie schlafen tief und fest. 

Ein Shuttel unserer Auto Vermietung Lucky Rentals holt uns ab und wir sitzen 1 Stunde später in unserem Mini Mietwagen, von der Größe her zu Vergleichen mit einem VW Lupo/VW Up.

Mit etwas Geschick bekommen wir die beiden Taschen, den Bollerwagen und sogar alle Familienmitglieder rein und starten gut gelaunt zu unserer Airbnb Unterkunft.
Wir finden die Unterkuft dank der kostenlosen Android App Navigator auch auf Anhieb.

TIP: Navigator hat uns bereits 2015 in NZ und USA gute Dienste erwiesen. Kann ich nur weiter empfehlen. Die App ist zudem noch kostenlos.

Irgendwie hatten wir beide ein älteres Ehepar erwartet das sich die Rente mit der Untervermietung eines Schlafzimmers etwas aufbessert. Was uns erwartet ist eine ganz junge Familie, Eru (Vater), Averil (Mutter), ihr 10 monate alter Sohn Atarangi und die beiden Hunde (Namen leider vergessen).
Averil ist Lehrerin, Eru nimmt gerade eine längere Auszeit und plant seinen Ausstieg aus der Konsumgesellschaft. In 5 bis 8 Jahren möchte er einen Aussteiger Hof gründen und am liebsten überwiegend als Selbstversorger leben. Beide sind intelligente, vollkommen normale Menschen und uns imponieren Sie auf Anhieb mit ihren ambitionierten Plänen. Sie leben überwiegend vegetarisch, ernähren sich ökologisch oder sogar aus dem eignen Garten.

Wir dürfen in der Gartenhütte schlafen, nutzen aber ansonst das ganze Haus der Familie mit. Küche, Badezimmer und Wohnzimmer werden wie selbstverständlich gemeinsam genutzt. Es dauert keinen halben Tag und wir fühlen uns wie zu Hause.

Diese Nacht wird Tom gegen 3 Uhr wach und denkt die Nacht wäre zuende. Wer kann es ihm verübeln. Mit etwas Verhandlungsgeschick können wir ihn überreden weiter zu schlafen. Reines Glück, das hätte auch anders ausgehen können.